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Sonnensturm: »Dort fand ich Menschen, die dieses innere Dunkel, das ich empfand, ebenso fühlten und miteinander teilten…«
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Zum Mitlesen:
Vor etwa 10 Jahren hörte ich zum ersten Mal in meinem Leben, dass es sowas wie ein Suizidforum überhaupt gibt. Ich war in einem Chat für Überlebende sexueller Gewalt aktiv und hatte dort eine Freundin, die mir von ihrem Suizid-Chat erzählte. Ich war total skeptisch, wollte sie überzeugen, davon abzulassen, weil es ihr bestimmt nicht gut täte.
Einerseits wollte ich diese Freundin schützen und wohl auch ein bisschen mich selbst, denn ich hatte durch Suizid schon einige wertvolle Menschen verloren. Andererseits ging es mir selbst total dreckig. Jahrelange Therapie, Klinikaufenthalte, etc. Trotz verschiedener Hilfen hatte ich das Gefühl, dass ich in dieser Welt, in diesem Leben nicht bestehen kann. Ich fühlte mich zutiefst zerstört und unverstanden von den Menschen in meiner Umgebung.
Als die Bewältigung des Alltags für mich kaum noch möglich war, begann ich, mich doch allmählich in dem Suizidforum meiner Freundin zu bewegen — mit ein bisschen Neugierde und vor allem viel negativem Gedankengut. Wovor ich zunächst diese Freundin schützen wollte, strebte ich nun für mich selbst an: Das endgültige Ende dieses grauenvollen Lebens.
Innerhalb kurzer Zeit hatte ich mich dank des Forums für eine Suizidmethode entschieden und angefangen, die nötigen Vorbereitungen zu treffen. Gleichzeitig verbrachte ich jeden Abend im Chat. Die Atmosphäre dort war düster, die ganze Aufmachung dunkel mit den Farben schwarz und rot.
Dort fand ich Menschen, die dieses innere Dunkel, das ich empfand, ebenso fühlten und miteinander teilten! Es war eine große Erleichterung, dass ich mich nicht mehr ständig verstecken musste — hatte ich doch gelernt, dass dieses extreme Dunkel etwas Böses, Krankhaftes ist, das man am besten nicht erwähnt. In diesem Chat durften wir alle von ganzem Herzen jammern, uns selbst und die anderen bemitleiden ohne dass es jemandem komisch vorkam! Ich habe dort einige gute, tief gehende Gespräche geführt und hatte das Gefühl, ohne viele Worte verstanden zu werden. Letzteres tat sehr gut.
Dennoch wurde mir im Laufe der Monate, in denen ich tage– und nächtelang im Suizid-Forum unterwegs war, schmerzhaft klar, dass ich keinen Weg aus meinem inneren Dunkel herausfinden würde, wenn ich mich 24h nur noch in und mit diesem Dunkel beschäftige. Ich wollte meinen Fokus wieder mehr auf hellere Aspekte des Lebens lenken, begann eine neue Therapie und entschied, mich von dem Suizidforum zu lösen. Nur noch ab und an zog es mich noch zurück ins Forum oder in den Chat.
Ich kämpfte weiter in meinem Leben, es folgten neue Therapien, berufliche Weiterbildungen und mehr oder minder stabile soziale Kontakte in meiner Umgebung. Das Dunkel in meinem Inneren blieb bestehen, aber weil ich mich auch mit anderen Dingen beschäftigte, bekam es nur wenige Male so viel Macht, dass ich ernsthaft an Suizid dachte.
Eines Abends begann ich über eine Suchmaschine nach dem alten Suizidchat zu suchen. Nicht, weil ich mich wieder dem Dunkel zuwenden wollte, sondern eher, weil ich einige nette Menschen »von damals« wiederfinden wollte, an deren Begegnungen ich mich gern erinnerte. Nach einigem Suchen fand ich manche dieser Menschen in einem anderen Suizidchat wieder. Irgendwie war dort alles ganz anders als in meinem früheren Chat. Die Stimmung war angenehm, teilweise sogar heiter. Das gefiel mir und ich blieb.
Es werden Späße gemacht und wir sprechen über Gott und die Welt in all ihren Facetten. Dass dazu auch dunkle, negative Facetten gehören, wird durchaus thematisiert. Nach wie vor darf jeder erzählen, wie mühsam das eigene Leben manchmal ist, wie unverstanden man sich oft fühlt und dass das Dunkle etwas Vertrautes ist, von dem wir uns alle nicht komplett abwenden können. Über Suizid darf gesprochen werden, sogar über Methoden, wobei ich sagen muss, dass die Methoden in meinem jetzigen Chat nie ein großes Thema sind. Ich empfinde es als befreiend, dass alle Themen, auch die dunklen, wertfrei geäußert werden dürfen.
Freunde und andere Menschen im Umfeld, die dieses Dunkel nicht so intensiv in sich fühlen, reagieren schnell mit Angst oder Ablehnung, wenn sie damit konfrontiert werden. Im Chat ist das anders. Trotz dieser Freiheit, trotz der Erlaubnis, das Dunkle zu zeigen und anzusprechen (oder vielleicht gerade deshalb???), geht es die meiste Zeit eher lustig zu. Wir reden über Politik, Religion, Hobbies, Alkohol, über Beziehungen, Träume, auch mal übers Wäsche waschen… Ein ziemlich chaotischer Haufen mehr oder minder kaputter Menschen trifft aufeinander und quatscht einfach.
Auch bei uns geht es nicht immer nur friedlich zu. Da zickt auch mal jemand oder es wird gestritten oder kontrovers diskutiert oder beleidigt weggelaufen. Man kennt sich gut, weiß die Macken des anderen einzuschätzen und zu akzeptieren. Es ist, als würde man alte Freunde bei einem Stammtisch treffen. Mit dem kleinen Unterschied, dass das tiefe Dunkel und auch der böse Suizid als Thema niemanden in Unruhe versetzt. Alles hat seine Zeit und alles hat seinen Platz.
Marvin: »Suizidforen werden nicht verschwinden, weil sie schlichtweg gebraucht werden…«
Nach längerem Überlegen möchte ich auch ein paar Gedanken äußern. Ich gebe zu, dass ich äußerst misstrauisch bin, da ich in den über zehn, bald elf Jahren, die ich in den Foren bin, schon einiges an Hinterhältigkeiten von Journalisten erlebt habe. Das mag sich nach Verfolgungswahn anhören, ist aber leider nichts als Erfahrung.
Ich befürchte, dass ein nicht-suizidaler Mensch nicht wirklich verstehen kann, wie jemand tickt, der sich viel mit dem Tod und dem Herbeiführen des eigenen Endes beschäftigt. Dass Suizidalität nicht immer nur akut auftritt, sondern sehr wohl auch chronisch sein kann, ohne dass man jeden zweiten Tag ein anderes Hochhaus-Dach besucht, sieht man recht gut bei mir. Mein letzter Versuch war als Jugendlicher, und das ist schon einige Jahre her. Ich denke, wer selbst mit beiden Beinen im Leben steht, für den muss der Gedanke, sich zu töten, etwas sehr Exotisches, Fernes sein. Eines ist sicher: Die Politik kann noch so sehr heucheln, die Medien noch so sehr jammern — die Suizidforen werden nicht verschwinden, weil sie schlichtweg gebraucht werden, weil eine Nachfrage da ist.
Kein Mensch hat im realen Leben die Möglichkeit über eigene Suizidgedanken zu reden, ohne die Gefahr zu laufen, sich zu isolieren. Es ist eben nichts, was man fröhlich nach dem dritten Bier in der Kneipe anspricht. Und es ist gesellschaftlich geächtet. Nicht in der Hinsicht, dass man es für kriminell halten würde. Eher schlimmer. Man hält, siehe unsere Rechtssprechung, eine Person, die sterben möchte, grundsätzlich für nicht Herr seiner Sinne und damit für behandlungsbedürftig. Lehnt die Person dies ab, gilt sie als nicht einsichtig und darf — Rechtsstaat hin oder her — gegen ihren Willen eingesperrt und mit Medikamenten behandelt werden, deren Nebenwirkungen wir uns besser nicht ausmalen wollen. In Deutschland darf ja selbst der schwer körperlich Kranke seinem Leben kein Ende setzen.
Ein weiterer Vorwurf ist, dass die bösen Menschen in den bösen Forum die armen Jugendlichen zum Suizid treiben. Dies ist schon anhand aller Statistiken ein Unsinn, da die Zahl der jugendlichen Selbsttötungen in Deutschland rückläufig ist. Wäre das Internet nebst Foren so böse wie es die Presse behauptet, müsste die Zahl ja immens angestiegen sein.
Auffällig ist auch immer, dass es heißt, die Leute könnten noch leben, hätten sie sich therapeutische Hilfe geholt. Die Leute, die ich kannte und die gestorben sind, hatten bis auf sehr wenige Ausnahmen alle Therapien hinter sich oder waren dabei. Hinterher fragt niemand, ob die Therapie schlecht war oder der Therapeut unfähig. Nein, die Foren waren schuld.
Zu mir selbst kann ich sagen: Die Foren sind für mich eine Art Stammtisch, nur dass die Themen etwas wichtiger sind. Ich habe dort wunderbare Menschen kennen gelernt. Menschen, die im alltäglichen Leben nicht vorkommen, die niemals in der BILD stehen würden wie Bohlen und all die anderen Kotzbrocken, es sei denn, sie würden sich auf spektakuläre Weise das Leben nehmen. Menschen, die in unserer reinen Leistungsgesellschaft keinen Platz finden und ihn auch nicht haben. Die aber wenigstens in den Foren mal zu Wort kommen und erfahren, dass sie nicht ganz alleine sind. Menschen, die Heftiges erlebt haben. Und wie es eben so ist, wenn sich Ausgestoßene finden, entsteht eine bestimmte Atmosphäre. Nicht immer nur eitel Sonnenschein, das keineswegs. Wer suizidal ist, beweist, dass er über seine Lage nachdenken kann.
Bluecrash: »Auf Anhieb könnte ich 5 Methoden nennen und beschreiben, womit man schnell, schmerzlos, ethisch gerecht sterben kann, wenn man es möchte…«
Persönlich bin ich der Meinung, dass Suizidforen einen leidenden Menschen auffangen können, da in diesen Foren meist Gleichgesinnte anwesend sind, welche mit Lebenshilfe, Verständnis, vor allem psychologisch die letzte Hilfe darstellen, da die so genannte telefonische Seelsorge oder psychiatrische Kliniken den Zustand des Betroffenen sogar noch verschlechtern können.
In Suizidforen wird klar erkannt und unterschieden zwischen ›willst du wiklich nicht mehr leben‹ und oder ›willst Du nur SO nicht mehr weiterleben.‹ Trifft Letzteres zu, wird Hilfestellung in den Suizidforen gegeben, Probleme besprochen, Ratschläge gegeben was und wie man die Lebenssituation ändern kann, um neuen Lebensmut zu erlangen. Man kann es durchaus als eine Selbsthilfegruppe bezeichnen. Nur halt online und völlig anonym, ohne feste Treffpunktzeiten — und auf jeden Fall sinnvoller als wochenlange Therapie in der Klapse.
Ich kenne einige, welche nur durch die Suizidforen immer noch Leben sind. Sei es aus Angst vor dem letzten Schritt, weil sie doch wieder Lebenswillen haben oder weil sie sich unsicher sind, ob sie nach dem Suizidversuch nicht doch wieder in einer Klapse aufwachen und den Peinigern in Weiß wieder monatelang ausgeliefert sind. Diese Angst ist verständlich, da es den Patienten nach Entlassung aus einer Klinik nur noch schlechter ergeht. Der Patient erkennt durchaus, dass ihm dort nicht geholfen wird und spielt den Ärzten etwas vor, was sie sehen oder hören wollen, mit dem Ziel so schnell wie möglich dort wieder raus zu kommen. 75% der Leute mit denen ich online oder im Real Life Kontakt hatte/habe, bestätigen dies.
Ich persönlich bin seit 10 Jahre in den Foren vertreten, habe auch schon einen Suizidversuch hinter mir. Bin schwer erkrankt (organisch bedingt). Bei mir war es Unwissen, wieso der Suizid nicht geklappt hat. Durch die Suizidforen weiß ich inzwischen genau, welche Gifte sinnvoll sind, welche sinnlos sind oder gar einen schmerzhaften Todeskampf mit sich bringen, wo man sie herbekommt oder wie man sie rezeptfrei im Ausland online bestellen kann und welche bitterbösen Folgen ein nicht durchgeplanter Suizidversuch haben kann.
Auf Anhieb könnte ich 5 Methoden nennen und beschreiben, womit man schnell, schmerzlos, ethisch gerecht sterben kann, wenn man es möchte. Dieses Recht sollte uns keiner wegnehmen dürfen, schließlich ist alles vergänglich, verblasst, verschwindet, wird vergessen, ist vergangen.
Am Schluss muss jeder selber entscheiden wie er leben oder sterben möchte. Es ist ein Grundrecht des Menschen. Bisher konnte mir z.B. kein Psychiater erklären, was an dem Tod schlecht oder böse oder nicht normal sein soll. Es wird nur immer darauf verwiesen, dass Selbsttötung / Selbststerben nicht gutgeheißen wird. Dass im Endeffekt der Tod auf uns alle wartet und somit total der Norm entspricht, wird gerne totgeschwiegen seitens unserer Gesellschaft.
Schlussendlich wird aber der ›Kampf‹ zwischen Suizidforen und den Foren-Verfechtern nie ein einvernehmliches Ende finden. Vielleicht nach weiteren 2000 Jahren der Entwicklung und Evolution. Aber dies werden wir nicht mehr erleben — vielleicht auch besser so.
Steffi: »Nicht irgendwelche böswilligen Forenmoderatoren haben diese Foren erschaffen — aus Spaß an der Freude — sondern die Gesellschaft selber…«
Suizidforen sind nicht von heute auf morgen aus der Erde geschossen und nicht irgendwelche böswilligen Forenmoderatoren haben diese Foren erschaffen — aus Spaß an der Freude — sondern die Gesellschaft selber, weil es (mittlerweile) einfach eine Nachfrage hierfür gibt.
Denn Suizidalität ist ein Fehler im System der Gesellschaft und Fehler sind nicht erwünscht und werden zur Not zwangsweise korrigiert mittels unserer feinen staatlichen Einrichtungen — das sprichwörtliche ›neben der Spur laufen‹ passt hier wie die Faust aufs Auge.
Unsere selbstgerechte, heuchlerisch-pharisäerhafte und pseudochristliche endzeitliche Ellenbogengesellschaft treibt Schwache in den Tod und entzieht ihnen zugleich zusehends die Mittel für einen humanen Suizid.
Die Personen, welche am meisten über Suizidforen schimpfen, sollten in der Regel lieber still sein, anstatt die Realität aus Not und letztes Mittel verfremdet oder heil darstellen zu wollen. Ergo: Personen, welche die Foren offline sehen wollen, sind gleichzeitig dafür verantwortlich, dass jene überhaupt online gegangen sind.
ident.code.missing: »Zu wissen, wie man sterben will, und dass man es jederzeit tun könnte, hilft manchmal besser über Schwierigkeiten im Leben hinweg, als alles andere…«
Allgemein würde ich sagen, ich bin zum größten Teil ein Befürworter der Foren. Sie sind ja nicht aus heiterem Himmel entstanden, sondern weil Menschen das Bedürfnis nach Austausch über das Thema Suizid hatten, auch über Methoden, und das ohne Angst haben zu müssen, für verrückt erklärt zu werden, in der Psychiatrie zu landen, oder je nachdem, vielleicht belächelt zu werden. Dass sich das in der Praxis zum Teil anders entwickelt hat, dass zum Teil sehr viel Misstrauen herrscht, dass auch in den Foren Menschen, Meinungen, Themen ausgegrenzt werden, geht aus meiner Sicht gerade auf das Konto derjenigen, denen die Existenz der Foren ein Dorn im Auge ist. So sind zum Teil nur noch eingeschworene Gemeinschaften vorhanden, die sich Außenstehenden überhaupt nicht mehr öffnen.
Ich habe zwar Verständnis für einige Argumente der Forengegner, aber nicht dafür, dass die Gegner ihre Meinung für das einzig Wahre halten, und sich über die Freiheit anderer hinweg zu setzen versuchen. Das betrifft ja leider nicht nur die Suizidforen, sondern auch andere Bereiche. Ich vertrete die Auffassung, leben und leben lassen, und in Bezug auf die Suizidforen dann auch sterben und sterben lassen. Vor allem wenn man nicht wirklich helfen kann. Das nackte (Über-)Leben eines Menschen ist für mich NICHT das höchste Gut, das unter allen Umständen beschützt werden muss. Und ich bin sicher, die meisten Suizidenten suchen lange vorher und immer wieder nach anderen Lösungen für ihre Probleme. Die wenigsten töten sich aus einer vorübergehenden Laune heraus.
Und selbst wenn jemand Suizid als etwas schrecklich Schlimmes ansieht, fallen mir da jede Menge Argumente pro Suiforen ein.
- Seit es die Foren gibt, haben hier einige User Kümmerung oder Ablenkung, vielleicht sogar Freunde gefunden, und sind erst dadurch von Suizidplänen abgerückt.
- Es gibt immer wieder User, die eine romantische, verklärte, einfache Vorstellung vom Freitod haben, und dank Methodendiskussion, dann erst erkennen, dass das Sterben nicht nur schön und einfach ist. Durch diese Abschreckung werden sie dann wach und wenden sich wieder dem Leben zu.
- Zu wissen, wie man sterben will, und dass man es jederzeit tun könnte, hilft manchmal besser über Schwierigkeiten im Leben hinweg, als alles andere.
Welche Personengruppen sind es eigentlich, die die Foren verteufeln? Mir fallen drei ein.
- Erstens, Angehörige von Forenusern die sich umgebracht haben. Für diese hab ich naturgemäß noch etwas Verständnis.
- Zweitens, Therapeuten, Psychologen, Fachärzte. Wenn diese irgendwann wirklich nennenswerte Hilfe und Lösungen für jede Art von psychischen Problemen anbieten könnten und würden, dann, erst dann, könnten sie gerne bei dem Thema mitreden! (Nein, ich mag sie kein bisschen, die sogenannten Fachleute) Btw, Psychotherapie zum Teil 1 Jahr Wartezeit, und das für einmal die Woche 45 Minuten Gespräch…lächerlich.
- Dritte Gruppe, ethische/religiöse Fanatiker mit oder ohne Profilierungssucht. Diese Personen könnten ihren Fanatismus mal auf Themen lenken wie Leistungs– und Ellenbogengesellschaft, um sich greifende finanzielle und emotionale Armut, usw. Vielleicht sich mal in der Politik versuchen. Vielleicht würden sie damit dem ein oder anderen Lebenden etwas Gutes tun.
Einzelne Zitate von Forenmitgliedern
nobodysecond
»Manche meinen, dass Suizidforen Menschen in ihrer Neigung zum irdischen Ende verstärken. Zumindest bei mir ist das Gegenteil der Fall – ohne die Möglichkeit des kommunikativen Austausches wäre ich schon lange nicht mehr unter den Lebenden. Klingt ein wenig förmlich, im Klartext meine ich, wir können über alles unter dem Schutz der Anonymität reden, über unsere Tiefen und Höhen, Schultern anbieten und auch anlehnen, über Themen, die wir im realen leben nicht einmal ansatzweise erwähnen würden. Ich habe alles daheim, um jederzeit lebt wohl zu sagen, doch das hab ich nun schon seit einigen Jahren herumliegen.«
Melissa
»Nur weil man in solchen Foren surft, ist man doch nicht gleich gefährdet. Ich habe ihm [ihrem Psychiater] erklärt, dass solche Foren eine gute Austauschplattform für Menschen mit psychischen Erkrankungen darstellen und dass man auch Gleichgesinnte finden kann, die einen so akzeptieren, wie man ist. […] Dieser Austausch tut mir persönlich sehr gut.«
Rotkäppchen
»Also mir gings damals sehr schlecht, und ich war allein und einsam… Und da hab ich glaub ich nach Selbstmord gegoogelt. Ich hab mir mehrere Foren angesehen und mich für eines entschieden. Ich bin mir nicht sicher ob mir das damals geholfen hat, in der Rückschau hat es mich vielleicht sogar eine Zeitlang tiefer in den Sumpf gezogen. Selbstverletzendes Verhalten und dergleichen wirkte irgendwiewie verdammt verführerisch.«
Dark
»Suizidforen, man kann nicht ohne sie und man kann nicht mit ihnen. Ich bin kein Befürworter, ich bin kein Verfechter der Foren. Jeder so, wie er es für richtig hält, in Maßen. Sehe jedoch die Gefährdung bei den Heranwachsenden. Zuviele, die noch grün (jung, ohne Lebenserfahrung) sind, kommen in diese Foren, obwohl sie nur ihre Neugierde auf das unbekannten Tabuthema Suizid befriedigen möchten. Denn was verboten ist, ist interessant und will ausgereizt werden. Da erscheint Methode XY im Kindes– oder Jugendalter ›cool‹ oder ›ich habs jederzeit unter Kontrolle‹ — Irrtum. Eigentlich sollte jeder produktiv innerhalb des Staates sein. Leider schafft es nicht jeder, leider sind manche krank, haben Verluste oder drehen sich in ihrer Sinnlosigkeit im Kreis, haben aufgehört zu kämpfen. Für den Rest sollte es weiterhin ein Tabuthema bleiben, der Untergrund wirds danken.«
Angehörige
Eva Hentrich verlor 2002 ihre Tochter Jana durch Suizid. Die damals 21jährige Jana litt unter starkem Liebeskummer und zog sich immer mehr zurück. In einem Suizidforum im Internet lernte sie den 16jährigen Mario kennen. Wenige Monate später verabredeten sich die beiden und nahmen sich gemeinsam das Leben.
Janas Mutter erzählt, wie sie damals mit der Situation umgegangen ist und wie sie Suizidforen aus ihrer heutigen Sicht beurteilt.
Interview-Film mit Eva Hentrich
Forenleitung
E-Mail der Forenleitung eines contra-suizidalen Forums
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Zum Mitlesen:
Unser Forum hat es sich zum Ziel gesetzt, Menschen vom Suizid abzuhalten. Wir versuchen, Menschen ein Stück weit in ihrer Not zu begleiten, damit es ihnen hoffentlich gelingt, sich selbst in Ihrem Umfeld professionelle Hilfe zu suchen und zu finden.
Suizidankündigungen, Methodendiskussionen, Verabredungen zum Suizid etc. sind nicht gestattet. User, die nach Methoden fragen, werden bei uns verwarnt und die Diskussion unterbunden. Hält sich ein User gar nicht an die Regeln oder haben wir den Verdacht, dass er in persönlichen Nachrichten Leute anfragt zum gemeinsamem Suizid, wird er gesperrt. Wir arbeiten auch mit den Behörden zusammen, wenn Suizidankündigungen oder andere Straftaten gepostet werden. Natürlich können wir nicht alles überprüfen, da ja doch auch eine gewisse Anonymität herrscht.
Zu uns kommen viele, die mit Therapien schon diverse Erfahrungen haben, die sie weitergeben können. Andere haben noch nie fachliche, therapeutische Hilfe in Anspruch genommen. Oftmals schaffen sie es nach einigem Austausch im Forum, sich in Ihrem »realen« Leben Hilfe zu suchen.
Hin und wieder gibt es auch Leute, die die Themen im Forum gar nicht ertragen. Menschen, die von jedem Schicksal noch zusätzlich runtergerissen bzw. destabilisiert werden. Es ist wichtig, solchen Menschen nahezulegen, sich doch besser einen anderen Ort zu suchen, wo Sie sich Hilfe holen können z.B. in Einzelberatungen.
Fachleute
Katja Rauchfuß arbeitet seit Abschluss ihres Studiums der Medienwissenschaften bei jugendschutz.net. Dort ist sie für den Bereich sexueller Missbrauch, Pornografie, Gewalt und Selbstgefährdung im Internet zuständig.
jugendschutz.net kontrolliert die Einhaltung des Jugendschutzes im Internet zum Beispiel auf so genannten Pro-Ana-Seiten. Unter anderem liegt der Fokus auf pro-suizidalen Foren.
Interview mit Katja Rauchfuß
Was für Arten von Suizidforen gibt es?
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Wie würden Sie die aktuelle Lage in Deutschland einschätzen? Überwiegen pro– oder contra-suizidale Foren?
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Welche möglichen Nachteile sehen Sie bei prosuizidalen Foren?
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Inwiefern empfinden Sie Methodendiskussionen als problematisch?
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Wie verhält sich jugendschutz.net in Bezug auf Suizidforen?
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Was würden Sie Eltern raten, die mitbekommen, dass ihr Kind in einem Suizidforum aktiv ist?
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Georg Fiedler ist stellvertretender Vorsitzender und Sprecher der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention und arbeitet als stellvertretender Leiter im Therapiezentrum für Suizidgefährdete des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf.
Seit vielen Jahren erforscht er unter anderem den Zusammenhang zwischen Suizidalität und Internet, wobei er auch häufig mit dem Thema Suizidforen in Berührung kommt.
Interview mit Georg Fiedler
Wie würden Sie Suizidforen beschreiben?
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Wo sehen Sie Risiken und potenzielle Nachteile bei den Foren?
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Welche möglichen Vorteile sehen Sie für Suizidforenmitglieder?
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Was würden Sie empfehlen, wie sollte man mit Suizidforen weiterhin verfahren?
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